Wagner-Glück im 6-Bett-Zimmer

Die Stipendiaten-Tage in Bayreuth sind alljährlich ein großes Gemeinschaftserlebnis. Das fängt schon bei der Jugendherberge an, wo eine Zimmerbelegung mit sechs Personen eher Standard denn Ausnahme ist. Da wird für die Sicherstellung der Nachtruhe dann gerne noch präventiv eine Packung Ohropax in der Apotheke besorgt.

Vom 13. bis 18. August reisten also 250 junge Talente aus den weltweiten Richard-Wagner-Verbänden nach Bayreuth und die Richard-Wagner-Stipendienstiftung unter der Regie von Stephanie Kollmer präsentierte auch in diesem Jahr ein attraktives Programm. Eröffnet wurde es traditionell mit dem informellen Fränkischen Abend. Bei Würstchen, Steak, Wein und Bier aus der Region gab’s ein großes Hallo unter den Stipendiaten. Manche kennen sich von Meisterkursen, Musikprojekten bzw. ersten Engagements und waren erfreut, sich in Bayreuth wieder zu begegnen.

Kennenlernen der Stipendiaten beim Fränkischen Abend am 13.08.2023 in der Jugendherberge Bayreuth – Foto: RWV Frankfurt

Beim offiziellen Begrüßungsempfang vor der Villa Wahnfried am Morgen von Tag 1 ließen die jungen Gäste bei Kaiserwetter und der besonderen Aura des Ortes diverse Reden geduldig über sich ergehen. Als Oksana Lyniv die Stipendiaten aus der Ukraine begrüßte, wurde auf eindrucksvolle Weise deutlich, wie verbindend, wie wertvoll Kunst und Kultur in Zeiten, wie diesen, ist. In ihrem – wiederholt von Emotionen überwältigten – Grußwort erinnerte die Holländer-Dirigentin an den barbarischen Krieg in ihrem Heimatland. Sie beklagte, dass Gewalt und Tod auch von Söldnern mit der Bezeichnung „Wagner“ ausgingen, obgleich Wagners Parsifal von Mitmenschlichkeit und Pazifismus handele. Für einige Minuten war das Weltgeschehen ganz nah und eine große Solidarität unter den Anwesenden zu spüren. Nach dem abendlichen Besuch des Fliegenden Holländers waren die Frankfurter und Leipziger Stipendiaten zum gemeinsamen Essen in die Lohmühle eingeladen – seit 2008 ebenfalls eine schöne Tradition der beiden Partnerverbände.   

Begrüßungsempfang für die 250 Stipendiaten der weltweiten Richard-Wagner-Verbände am 14.08.2023 in Wahnfried – Foto: RWV Frankfurt

Am zweiten Tag gab der Bayreuther OB, Thomas Ebersberger, einen Empfang im Neuen Rathaus; anschließend konnten sich die Stipendiaten durch die Stadt führen lassen. Am Nachmittag hob sich der Vorhang zur Neuproduktion Parsifal. Tag 3 bot eine Besichtigung des Festspielhauses inkl. Bühne und dem berühmten Orchestergraben. Nachmittags stand der kultige Tannhäuser auf dem Programm.

Die Stipendiaten des RWV Frankfurt am 15.08.2023 (v.l.n.r.) / hinten: Hannah Kettemann, Helene Feldbauer, Johannes Hornsteiner, Klaus Jakob Vleeming, Tim-Lukas Reuter, Maria Ignacia Deisen Pinto, Jim Igor Kallenberg / vorne: Laura-Delia Knecht, Andrea Braun, (Rose Wießler, Vorstand), Sheida Farzin, Sato Hasegawa – Foto: RWV Frankfurt

Am vierten Tag empfing der Direktor des Richard-Wagner-Museums, Dr. Sven Friedrich, die jungen Gäste im Garten der Villa Wahnfried; danach spazierte der gesamte Tross zum Jugendkulturzentrum. Dort fand das Internationale Stipendiatenkonzert der Stipendienstiftung statt. Für eine Mitwirkung konnte sich Sheida Farzin aus Frankfurt erfolgreich bewerben. Die Pianistin vom Dr. Hoch’s Konservatorium begleitete den Bariton Marko Pantelic (RWV Magdeburg) bei einem Lied von Gustav Mahler und einer Arie des Valentin aus Gounods Faust. Beim anschließenden Stipendiatenabend wurde die open stage für spontane musikalische Einlagen rege genutzt. So ausgelassen endete ein erlebnisreicher Aufenthalt in Bayreuth. Spätestens in der letzten Nacht dürfte sich auch das Thema Ohropax im 6-Bett-Zimmer des Gemeinschaftsquartiers erledigt haben.