Wagner überwinden?

Stipendiatenkonzert 2023 mit einem vielfältigen Programm

Die diesjährigen Stipendiaten des RWV Frankfurt präsentierten am 8. Mai 2023 ein  anspruchsvolles Konzertprogramm – Foto: RWV Frankfurt (zum Vergrößern ins Bild klicken)

„Heute ein guter Wagnerianer zu sein würde heißen, Wagner zu überwinden.“ Eine klare Ansage von Jim Igor Kallenberg in seinem Impulsvortrag über „Perfect Wagnerites“, der das diesjährige Konzert der Bayreuth-Stipendiaten in Dr. Hoch’s Konservatorium eröffnete. Den Frankfurter Musikwissenschaftler beeindruckt durchaus, dass das Werk Richard Wagners durch weltweit aktive Verbände, wie den RWV Frankfurt, gepflegt wird – „das ist einzigartig“! Ebenso weiß er zu schätzen, dass die Nachwuchsförderung als deren wichtigste Aufgabe gilt. Wagner selbst habe aber Musik immer als Ausdruck eines evolutionären Prozesses gesehen, mit dem zentralen Auftrag, dem „Kunstwerk der Zukunft“ zum Durchbruch zu verhelfen.

Dabei war gerade während Wagners Schaffenszeit mit der Wiederentdeckung von Kompositionen alter Meister „die Geschichte in die Welt der Musik gebracht“ worden, so Kallenberg. Und das > Konzertprogramm, das die Stipendiaten zusammengestellt hatten, wurde tatsächlich zu einer Reise durch vier Jahrhunderte.

Die Bayreuth-Stipendiaten Klaus Jakob Vleeming, Johannes Hornsteiner, Andrea Braun, Sato Hasegawa, Sheida Farzin, Maria Ignacia Deisen Pinto, Jim Igor Kallenberg, Tim-Lukas Reuter, Hannah Kettemann und Laura-Delia Knecht am 8. Mai 2023 im Dr. Hoch’s Konservatorium – Foto: RWV Frankfurt (zum Vergrößern ins Bild klicken)

Johannes Hornsteiner eröffnete mit einem intensiven Posaunenkonzert in drei Sätzen von Nino Rota, am Klavier begleitet vom angehenden Dirigenten Klaus Jakob Vleeming. Sato Hasegawa präsentierte die Suite Italienne für Violine und Klavier von Igor Stravinsky, und Andrea Braun beeindruckte mit der Sonate für Trompete und Klavier von Paul Hindemith. Pure Lebensfreude und komödiantisches Talent zeigte die Sopranistin Maria Ignacio Deisen Pinto, als sie die Poesie Les filles de Cadix von Leo Delibes – mit Kastagnetteneinsatz und Tanz – sowie die Arie der Despina aus Mozarts Cosi fan tutte vortrug. Flötistin Hannah Kettemann entführte ins höfische Leben des 17. Jahrhundert mit Marco Ucellinis Arie Sopra La Bergamasca für zwei Blockflöten und Barockgitarre. Frederic Chopins Ballade Nr. 2 F-Dur gestaltete Sheida Farzin als ebenso einfühlsame wie spannungsreiche Erzählung am Flügel. An einen heute weitgehend vergessenen Zeitgenossen und Wegbegleiter Richard Wagners erinnerte Tim-Lukas Reuter mit der düsteren Ballade Volkers Nachtgesang von Martin Plüddemann. Der Bassbariton, derzeit am Theater Trier in Brittens Peter Grimes engagiert, überzeugte mit sicheren Höhen und einer fundierten Tiefe seiner Stimmlage. Mit Sergej Rachmaninoffs Trio Élégiaque Nr.1 g-Moll gab die Violinistin Laura-Delia Knecht ein eindrucksvolles Beispiel ihres Könnens. Mezzosopranistin Helene Feldbauer, die elfte Bayreuth-Stipendiatin des Verbandes, war im Konzert entschuldigt, da sie zeitgleich in der Soiree des Opernstudios an der Oper Frankfurt eingebunden war.

… und nun endlich mit den begehrten Stipendienurkunden in den Händen – Foto: RWV Frankfurt (zum Vergrößern ins Bild klicken)

Im voll besetzten Saal belohnten die Besucher des ersten Stipendiatenkonzerts nach vierjähriger Pause die jungen Talente mit stürmischem und anhaltendem Beifall. Vorsitzender Dirk Jenders überreichte gemeinsam mit der „Stipendiatenmutter“ des Verbandes, Rose Wießler, die Einladung zu den Bayreuther Festspielen in Form der begehrten Stipendienurkunden. Das musikalische Finale gestaltete die erste Deutschlandstipendiatin des RWV Frankfurt. Sopranistin Ani Aghajanyan, bereits erfolgreich auf den Opernbühnen in Darmstadt und Gießen, wurde vom Publikum für drei emotionale Lieder von Tschaikowsky und Rachmaninoff gefeiert. Richard Wagner war zumindest an diesem vielseitigen Abend tatsächlich überwunden.

Nach einem 2-stündigen Programm nehmen die Mitwirkenden des Stipendiatenkonzertes 2023 den Applaus des Publikums entgegen – Foto: RWV Frankfurt (zum Vergrößern ins Bild klicken)