Wenig Kohle, geile Akustik

Bayreuth-Stipendiaten berichten vom Grünen Hügel

Die 11 diesjährigen Bayreuth-Stipendiaten des RWV Frankfurt fanden die gewiss kürzeste Formel für Werden und Wirkung des Festspielhauses. Weil auch damals das Geld knapp war, habe es auf dem Hügel nur zu einer „Scheune aus Holz“ gereicht, so ihr Befund. Aber diese Scheune hat es eben in sich. Die unglaubliche Akustik des Festspielhauses zog den künstlerischen Nachwuchs genauso in den Bann wie Millionen von Besuchern seit 1876.

In der Villa der Deutsch-Italienischen-Vereinigung berichten die Stipendiaten aus Bayreuth – Foto: RWV Frankfurt

Es wurde ein ausgesprochen lebendiger und vergnüglicher Abend, an dem die jungen Talente rund 40 Mitglieder mit einer > Foto & Video-Collage an ihren fünf Bayreuther Tagen im August teilhaben ließen. Da waren natürlich die Höhepunkte, die Aufführungen von Holländer, Parsifal und Tannhäuser, aber eben auch die vielen Extras im Programm. Den einen hatten die alten Partituren und Wagners riesige Bibliothek im Haus Wahnfried fasziniert, den anderen die dort ausgestellten, atemberaubend schönen Kostüme sowie der Mut, die Venus bereits in den eher prüden 50er Jahren in einen „Hauch von Nichts“ zu hüllen. Sie haben das Markgräfliche Opernhaus und die barocke Schlosskirche bewundert. Mit spürbarer Ehrfurcht saßen die künftigen Dirigenten unter ihnen auf dem Dirigentenstuhl im verdeckten Orchestergraben, „ein Möbelstück mit großer Historie“, das schon Toscanini und all die anderen Großen des Fachs genutzt hatten.

In der Klaviermanufaktur Steingraeber konnten die Stipendiaten das auf einem Hammerklavier (noch ohne Stahlrahmen) vorgetragene Opus 1 des Firmengründers mit dem Klang des original Liszt-Flügels vergleichen, dessen Bauweise schon nahe an modernen Instrumenten ist. Sie konnten zudem die historischen Gralsglocken anschlagen, die in heutigen Vorstellungen durch Synthesizer ersetzt werden. Dabei stellten sie an ihre Zuhörer die Frage, wie diese tontechnische Modernisierung bei ihnen ankommt. Man war überzeugt, dass der technikbegeisterte Richard Wagner nichts dagegen einzuwenden hätte. Eine muntere Diskussion entspann sich auch um die aktuelle Tannhäuser-Inszenierung. Begeisterte Zustimmung (mehrheitlich) und vehemente Ablehnung gingen dabei quer durch die Altersgruppen. Ein Stipendiat machte sich gar für ein „Recht auf Buhen“ stark. Und auf seine Frage, wer schon mal gebuht habe, outeten sich immerhin zwei Mitglieder. Insgesamt verständigte man sich darauf, dass Buhen, wenn unvermeidlich, sich auf das Leitungsteam einer Inszenierung beschränken, niemals aber Sänger treffen sollte, die ihr Bestes gegeben hatten. Schweigen sei letztlich Strafe genug.

Das alljährliche Bayreuther Stipendiatenkonzert, in dem sich eine Auswahl der rund 250 jungen Talente, darunter eine unserer Stipendiatinnen, präsentieren konnte, endete mit einer spontan-fröhlichen open stage inklusive Singout des ganzen Saals. Wie überhaupt das Zusammentreffen mit vielen Künstlern aus der ganzen Welt auch in diesem Jahr den Bayreuth-Aufenthalt für alle zu einer besonderen Erfahrung machte. Man sieht sich nicht nur im Festspielhaus und bei offiziellen Veranstaltungen, sondern überall in der Stadt. Wobei die Frankfurter offenbar ein bisschen stolz darauf waren, in der Stärke einer kompletten Fußballmannschaft auftreten zu können, während die meisten anderen in deutlich kleineren Grüppchen nach Bayreuth reisten.

Der lockere Frage-Antwort-Modus, den die Stipendiaten mit ihrer Moderation vorgegeben hatten, setzte sich bei Wein und Brezen in vielen angeregten Einzelgesprächen fort. Den passenden Rahmen dafür boten die Räume der Deutsch-Italienischen Vereinigung, in denen der RWV erstmals, aber bestimmt nicht zum letzten Mal, ein Treffen durchführte. Dirk Jenders dankte der Vorsitzenden der Vereinigung, Dr. Caroline Lüderssen, für ihre Gastfreundschaft. Den Stipendiaten dankte er für die überaus gelungene Präsentation und entließ sie mit dem Hinweis, jederzeit als Mitglieder im etwas anderen Frankfurter Fanclub willkommen zu sein. Drei von ihnen haben das schon realisiert.