Text: André Weißbach / Fotos: Thomas G. Hartmann
Andreas Bauer Kanabas, der am 18. Mai 2025 sein fulminantes Debüt als Gurnemanz im neuen Parsifal an der Oper Frankfurt gab, erhielt den Rheingold-Preis des Richard-Wagner-Verbands (RWV) Frankfurt. Die undotierte Auszeichnung, mit der eine Ehrenmitgliedschaft im etwas anderen Fanclub der Frankfurter Wagner-Freunde verbunden ist, wurde dem Sänger am 13. Juni 2025 im Rahmen des Jubiläumskonzerts 115 Jahre RWV Frankfurt in der Pop-up-Spielstätte der Oper Frankfurt, Neue Kaiser, verliehen. Hierzu versammelten sich weit über 100 Mitglieder und Gäste, die der Vorsitzende Dirk Jenders schmunzelnd in der „teuren Halle“ begrüßte und damit auf die frühere Nutzung der denkmalgeschützten Villa als Schalterhalle einer Frankfurter Großbank anspielte.
Im Publikum fanden sich auch ehemalige Bayreuth Stipendiaten, Vertreter unserer Kooperationspartner (Oper Frankfurt, HfMDK Frankfurt, Dr. Hoch’s Konservatorium) sowie benachbarter Richard-Wagner-Verbände ein.
Der Abend wurde mit einem festlichen Konzert zum 115. Gründungstag des RWV Frankfurt eröffnet, welches durch Mitglieder des Opernstudios bzw. des Ensembles der Oper Frankfurt gestaltet wurde: Idil Kutay (Sopran, Bayreuth-Stipendiatin 2025), Julia Stuart (Sopran), Cláudia Ribas (Mezzosopran, Bayreuth-Stipendiatin 2024), Sakhiwe Mkosana (Bariton) und Thomas Faulkner (Bass, Bayreuth-Stipendiat 2016). Unter der Klavier-Begleitung von Solorepetitor Lukas Rommelspacher (Bayreuth-Stipendiat 2019) gab es Arien und Lieder von Richard Wagners Vorgängern (Wolfgang Amadeus Mozart), Zeitgenossen (Ambroise Thomas, Giuseppe Verdi, Georges Bizet, Pjotr Iljitsch Tschaikowski, Ruggero Leoncavallo, Umberto Giordano) und Nachfolgern (Benjamin Britten).

Lukas Rommelspacher, Thomas Faulkner, Sakhiwe Mkosana, Julia Stuart, Cláudia Ribas und Idil Kutay nach dem Festkonzert in der Neuen Kaiser – Foto: Thomas G. Hartmann
Die anschließende Laudatio auf Andreas Bauer Kanabas hielt die renommierte Musik- und Literaturwissenschaftlerin Dr. Ulrike Kienzle. Mit einem Zitat des in Frankfurt am Main geborenen, aber lange im thüringischen Weimar wirkenden J.W. von Goethe spannte sie einen Bogen zum in Erfurt geborenen und in Jena aufgewachsenen Thüringer Andreas Bauer Kanabas, der inzwischen in Frankfurt am Main sesshaft geworden ist: „Nach dem Gesetz, wonach du angetreten. So mußt du sein, dir kannst du nicht entfliehen“. Sie spielte darauf an, dass der Preisträger mit dem Berufsziel des Tonmeisters ursprünglich eine ganz andere Lebensplanung hatte, aber von der „Macht des Schicksals“ auf die Sängerlaufbahn gebracht wurde.
Dr. Ulrike Kienzle würdigte in ihrer Laudatio die „kraftvolle Bühnenpräsenz“ des Bassisten, seine „klangvolle, facettenreiche, weiche, frei und fließend strömende Melodiosität“, die „hinreißende Ausdrucksform“, seine „differenzierte, spannungsreiche, einfühlende Rollengestaltung“. Bauer Kanabas reüssierte als Verdi-Sänger, aber eindrücklich würdigte sie insbesondere die Gestaltung der Wagner-Rollen seit seinem Eintritt in das Ensemble der Oper Frankfurt im Jahr 2013: den expressiven und spannungsreichen König Marke (Tristan und Isolde), den differenziert zwischen Hoheit und Mitgefühl changierenden Landgraf Hermann (Tannhäuser), den profunden Veit Pogner (Die Meistersinger von Nürnberg), den Friedenssehnsüchtigen König Heinrich (Lohengrin) und natürlich den Gurnemanz (Parsifal). Einen solchen Sänger habe sich Richard Wagner immer gewünscht, so Kienzle.
Als Beweis zitierte sie aus den überragenden Kritiken zu seiner Gurnemanz-Gestaltung in der aktuellen Frankfurter Parsifal-Produktion, die einhellig als „Meilenstein des Wagner-Gesangs“ gewertet wird: „Solch einen Gurnemanz hatte man noch nicht gehört“.
Die Laudatorin ging auch explizit auf den Liedgesang und die 2023 erschienene und mit seinem kongenialen Partner Daniel Heide eingespielte CD Schwanengesang von Franz Schubert ein. Sie lobte die „Intimität und Klarheit, die Leichtigkeit und Differenzierung auf engstem Raum“ sowie den „warmen, weichen, vollen Klang seiner anschmiegsamen und flexiblen Stimme“.
Einen besonderen Stellenwert für Frau Dr. Kienzle hat seine warmherzige und weltoffene Persönlichkeit. Sie schildert und kennt ihn seit Jahren als einen familienverbundenen, naturliebenden, aufgeschlossenen und neugierigen Menschen. Die vollständige Laudatio finden Sie > hier
Nach dieser empathischen Würdigung übergab schließlich Dirk Jenders im Namen des Vorstandes und aller Mitglieder des Richard-Wagner-Verbands Frankfurt die Urkunde an Andreas Bauer Kanabas. Der RWV Frankfurt würdigte so „seinen Maßstäbe setzenden Wagner- und Verdi-Gesang sowie seine gestaltungsmächtige und tiefsinnige Interpretation in Oper und Lied“. Gleichzeitig wurde er als Vierter in den illustren Reigen der Ehrenmitglieder aufgenommen und steht in einer Reihe mit Sebastian Weigle (Verleihung 2010), Terje Stensvold (2014) und Johannes Martin Kränzle (2019).
Andreas Bauer Kanabas bedankte sich in seiner Rede bewegt für die Auszeichnung und Unterstützung des RWV Frankfurt. „Es ist mir eine große Freude und Ehre“. Er rief die Unterstützung während der Corona-Krise in Erinnerung – im Juni 2021 veranstaltete der RWV Frankfurt mit ihm und dem Pianisten Daniel Heide unter erschwerten Pandemie-Bedingungen einen von hr2-kultur übertragenen Liederabend mit Schuberts Schwanengesang.
Ein Hauch von Melancholie, von Sehnsucht nach der verlorenen böhmischen Heimat durchzog die Neue Kaiser, als er an seine familiären Wurzeln erinnerte und damit an die kriegsbedingte Flucht der Großeltern, bei der seine Großmutter bereits die Mutter im Schoß trug.
Er blickte zurück auf frühe Stationen seiner Karriere. Als erste Wagner-Rolle sang er in Würzburg den Gernot in Die Feen. Also in der Stadt, wo Wagner als Chordirektor startete. Und in Riga hatte er seinen ersten großen Erfolg als Méphistophélès in Gounods Faust. Also der Stadt, wo Wagner zwei Jahre lang als Kapellmeister am „Deutschen Theater“ wirkte, welches gerade als „Wagner Theater“ zu neuer Blüte geführt und dabei vom RWV Frankfurt nach Kräften unterstützt wird. In Würzburg hatte Andreas Bauer Kanabas übrigens seinen ersten Kontakt zu einem Richard-Wagner-Verband, wo er noch persönlich von der legendären Vorsitzenden Margot Müller als Bayreuth-Stipendiat ausgewählt wurde.
Prägende Repertoire-Erfahrungen machte er an der Staatsoper Berlin. 2013 dann der Eintritt in das Ensemble der Oper Frankfurt. Hier wird es ihm zudem ermöglicht, als Gast auf allen Kontinenten in wichtigen Partien seines Fachs zu debütieren.
Der Rheingold-Preis sei überaus bedeutend für ihn, denn er zeige, dass „ich mit der Unterstützung meines Frankfurter Publikums und vor allem des Richard-Wagner-Verbands endlich angekommen bin und in Frankfurt meine Heimat gefunden habe“.
Natürlich bedankte sich Andreas Bauer Kanabas auch mit musikalischen Kostproben und präsentierte das Gebet des König Heinrich aus Lohengrin (Mein Herr und Gott) sowie den Karfreitagszauber des Gurnemanz, seiner neuen Paraderolle im Parsifal. Das Publikum zollte seiner Rede und seiner Kunst minutenlangen Beifall und Dirk Jenders überreichte dem sichtlich glücklichen Rheingold-Preisträger eine kleine goldene Richard Wagner-Figur als Glücksbringer.

Andreas Bauer Kanabas und Richard W., sein kleiner goldener Glücksbringer – Foto: Thomas G. Hartmann
Mit einem „Get-together“ aller Gäste und Mitwirkenden klang der feierliche, bewegende und unterhaltsame Abend in der benachbarten Frankfurter Neuen Küche beschwingt aus.
Der Richard-Wagner-Verband Frankfurt hat einmal mehr bewiesen, dass er junge Künstlerinnen und Künstler fördert und Auftrittsmöglichkeiten verschafft, Exzellenz und herausragende Leistungen anerkennt, mit der Stadt Frankfurt und ihren Musikinstitutionen eng verbunden und überhaupt ein etwas anderer Fanclub ist.