Arbeit bringt Brot, Faulheit bringt Not

Text: Heike Lüters

Marktplatz im Hessenpark – Foto: Dirk Jenders

Das Freilichtmuseum Hessenpark in Neu-Anspach feiert in diesem Jahr das 50-jährige Bestehen. Für den RWV Frankfurt war das der willkommene Anlass für einen Herbstausflug dorthin, zu dem sich 19 interessierte Mitglieder angemeldet hatten.

Im Hessenpark sind andernorts abgetragene Fachwerkhäuser und weitere Gebäude aus ganz Hessen wieder errichtet worden, um sie für die Nachwelt zu erhalten. Derzeit kann man dort 120 Häuser, davon 40 zum Teil voll eingerichtete Wohnhäuser bewundern. Das Museum ist entsprechend der Herkunft der Gebäude in fünf Baugruppen geordnet: Mittelhessen, Nordhessen, Osthessen, Südhessen und Rhein-Main. Jede Baugruppe stellt eine für die Region typische Siedlungsform dar. In der Regel werden die aus unterschiedlichen Dörfern stammenden Wohn- und Wirtschaftsgebäude so zu Hofanlagen zusammengestellt, dass der Besucher einen Eindruck von dem baulichen, sozialen und wirtschaftlichen Gefüge der jeweiligen Region erhält. 

In einer unterhaltsamen Führung mit Guide Roger Horman lernten wir ausgewählte Gebäude sowie die unterschiedlichen Siedlungsformen der hessischen Regionen näher kennen. Dabei erfuhren wir viel Interessantes über die Lebensgewohnheiten unserer Vorfahren und wie sich das Dorfleben im Laufe der letzten 500 Jahre entwickelte.

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Neapel ist ein Rausch

Reisebericht über Wagner damals und seine Fans heute in Neapel

Wagner liebte Italien – im Leben wie in seinen Werken. Der 5. Akt seiner unvertonten Oper Die Sarazenin spielt in Neapel, das Liebesverbot in Palermo. Handlungsort des Rienzi ist Rom und für den Parsifal ließ er sich szenisch vom Dom in Siena und von der Villa Rufolo in Ravello inspirieren.

Stadtansicht Neapel – Foto: Dirk Jenders

Dreimal reiste Richard Wagner mit Cosima und den Kindern nach Neapel. Erstmals und nur für wenige Tage im September 1876: Damals war Sorrent sein Ziel, von dort besuchte er die Ausgrabungen in Pompeji. Vier Jahre später bedrückten ihn das Bayreuther Wetter, seine gesundheitliche Lage und wieder einmal die enormen Ausgaben. Die Ärzte empfahlen einen Klimawechsel und so traf er am 4. Januar 1880 erneut in Neapel ein, um fast acht Monate zu bleiben: Neapel ist meine Stadt, hole der Teufel die Ruinen, hier lebt alles! 

Hier diktierte er Cosima einige Kapitel seiner Autobiographie und verfasste die teils abstruse Schrift Religion und Kunst, in der er die menschliche Tragik des Weltendaseins beschreibt. Richard und Cosima besuchten das Teatro San Carlo und sahen La Juive von Halévy: Freude an San Carlo, das rechte Operntheater, Freude an den vielen Schönheiten des Werks, Freude an dem Orchester, aber Entsetzen über die Sänger und die in Scene Setzung. Wagner lobte das Stück, das voller Leben und Feingefühl sei und konnte sich nicht verkneifen hinzuzufügen, es sei gar nicht jüdisch. Es sollte jedoch der einzige Besuch des San Carlo bleiben (nicht nur für die beiden, wie sich 144 Jahre später zeigen sollte. Doch dazu gleich mehr). Im Teatro Bellini sahen sie den Barbier von Sevilla von Rossini: Hübscher Saal, aber trostlose Aufführung, auch hierfür alle Tradition verloren. Das wird wahrscheinlich unser letzter Besuch einer Oper sein, resümierte Cosima.

Teatro San Carlo – Foto: Dirk Jenders

In Neapel musste man Wagner mühevoll seine illusorischen Pläne ausreden, mit der Familie nach Amerika übersiedeln zu wollen. 1880 war er umgeben von den Malern Paul von Joukowsky und Arnold Böcklin, dem jungen Engelbert Humperdinck, dem Pianisten Joseph Rubinstein, der Schriftstellerin Malwida von Meysenburg und dem 23-jährigen Heinrich von Stein, der als Erzieher Siegfrieds fungierte. Cosima schrieb über diese Monate am Golf von Neapel: Richard gefällt das tolle Leben hier sehr, und es ist wirklich die lebendigste Stadt, welche man sich vorstellen kann; volkstümlich im üppigsten Sinne des Wortes. Sein Bier und manches Mittagsmahl nahm Wagner übrigens gerne im Bierlokal Dreher ein. Das Haus gibt es nicht mehr, aber man vermutet an dieser Stelle heute das Gran Caffè Gambrinus, welches als eines der schönsten Kaffeehäuser der Welt gilt.

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Generation Instagram: Junges Bayreuth hautnah

Die Bayreuth-Stipendiaten 2024 berichten über ihren Festspielbesuch

Text: Hannelore Schmid

Bayreuth – eine einzige Party! Nein, so war es natürlich nicht, auch wenn die von der Flötistin Yaiza Fenollar Baenas rasant geschnittene Videopräsentation als Höhepunkt der diesjährigen Stipendiatenberichte diesen Eindruck vermitteln konnte. Reels der Instagram-Generation zeigen eben besonders gern fröhliche junge Menschen beim Essen, Trinken, Feiern, Tanzen, beim Stadtbummel und ja, auch beim Quatsch machen.

Volles Haus beim Bericht der Stipendiaten aus Bayreuth – Foto: Dirk Jenders

Unsere 10 Frankfurter Stipendiaten haben auf ihren Smartphones aber auch die Stimmung bei der Anreise, bei der Begrüßung in der Jugendherberge, im und ums Festspielhaus, vor und nach den Vorstellungen, beim Besuch von Wahnfried, beim obligatorischen Gedenken am Grab Richard Wagners und in vielen weiteren Stationen des umfangreichen Rahmenprogramms eingefangen. So bekamen die rund 40 Mitglieder des RWV Frankfurt, die der Vorsitzende Dirk Jenders zum Stipendiaten-Abend in der Villa der Deutsch-Italienischen Vereinigung begrüßen konnte, einen lebendigen Eindruck davon, was die jungen Talente vom 21. bis 26. August 2024 in Bayreuth erlebten.

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Götternot statt Gottessohn

Text: Hannelore Schmid und Dirk Jenders

Bayreuth? Salzburg? Glyndebourne? Alles fabelhafte Sommer-Destinationen für Opernfreunde. Für dieses Jahr hatte der Richard-Wagner-Verband Frankfurt ein anderes Ziel vorgeschlagen: die Tiroler Festspiele in Erl. Im sechsten und leider letzten Jahr wird das Festival vom Frankfurter Opernintendanten Bernd Loebe geleitet, Brigitte Fassbaender hat in dieser Zeit Wagners Ring des Nibelungen auf die Bühne gebracht: Grund genug für eine neuntägige Reise ins Kaisergebirge. 23 Mitglieder besuchten Anfang Juli den ersten Ring-Zyklus und sind begeistert zurückgekommen. Schon heute freuen sie sich auf Fassbaenders Parsifal-Deutung, die im Mai 2025 an der Oper Frankfurt Premiere haben wird.

Passionsspielhaus Erl – Foto: Dirk Jenders

Das Passionsspielhaus in Erl wurde nicht für Opernaufführungen gebaut. Es gibt keinen Orchestergraben, keinen Vorhang, keinen Schnürboden und erst recht keine Drehbühne. Was soll’s! Das sind keine Hindernisse für Brigitte Fassbaender, die am Tag vor der Erler Festspieleröffnung ihren 85. Geburtstag feierte. Die 400 Quadratmeter große Bühne, auf der über 600 Mitwirkende alle sechs Jahre das Spiel des Leidens und Sterbens von Jesus Christus aufführen, nimmt jetzt das großbesetzte Wagner-Orchester in einer treppenartigen Anordnung im Halbdunkel auf. Ein Gazevorhang trennt die Musiker hinten von den Sängern vorne. Die Lämpchen der Notenpulte und einzelne Instrumente blitzen immer wieder wie kleine Sterne auf und schaffen eine verwunschene Atmosphäre. Im vollständig mit Holz verkleideten Saal entsteht ein atemberaubender Raumklang, der den Besucher vom ersten Es-Dur des Rheingolds an gefangen nimmt. Die Sänger können dem Dirigenten Erik Nielsen nur über Monitore in der ersten Zuschauerreihe folgen, sie müssen aber stimmlich auch keinen „Graben“ überbrücken.

Die Ring-Besetzung ist durchwegs herausragend. Viele der Stimmen sind den Besuchern aus Frankfurt bestens bekannt: Simon Bailey (Wotan), Bianca Andrew (Fricka), Elizabeth Reiter (Freia), Zanda Švēde (Erda), Peter Marsh (Mime) oder Vincent Wolfsteiner (Siegfried). Auch von den Charakteren her wurden die meisten Rollen optimal besetzt, so Ian Koziara als Loge, Marco Jentzsch als Siegmund, Irina Simmes als Sieglinde und Christiane Libor, deren Brünnhilde in der Walküre und im Schlussgesang der Götterdämmerung ihre stärksten Momente hatte.

Das Bühnenbild wird von eindrucksvollen Video-Projektionen geprägt. Auf den gewölbten Seitenwänden der Bühne und auf dem Gazevorhang vor dem Orchester sprudelt Wasser, wenn die Rheintöchter auftauchen, Gebirge türmen sich auf, wenn die Riesen ihren Lohn für Walhall einfordern, eine großbürgerliche Tapete symbolisiert das Innere von Walhall, Knospen symbolisieren den für Siegmund und Sieglinde erblühenden Lenz, ein heftiges Gewitter kündigt den wütend heranstürmenden Wotan an und eine Feuerwand umgibt den Brünnhilden-Felsen.

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Projektstand Wagner Theater Riga 6/2024

Text: Māris Gailis, Richard Wagner Gesellschaft Riga

Seit dem letzten Jahr, als am 21. Mai 2023 die Grundsteinlegung des Wagner Theaters stattfand, ist das Projekt der Renaissance des Wagner Theaters in Riga deutlich fortgeschritten. Ende letzten Jahres wurde die Baugenehmigung für die Sanierung des kulturellen Erbes erteilt. Mittlerweile ist die Demontagephase des Wagner-Theaters erfolgreich abgeschlossen, und es folgen umfangreiche Vorbereitungsarbeiten für die nächste Phase: die Verstärkung des Fundaments, die im Juli beginnen soll.

Während der Demontage wurden Kronleuchter, historische Öfen, Parkettböden, Fenster, Türen und andere Einrichtungsgegenstände sorgfältig entfernt, um sie zu restaurieren und später im renovierten Theatergebäude wieder einzubauen. Zudem wurden Trennwände entfernt und das bestehende Wärmenetz demontiert, um ein provisorisches Heizsystem zu installieren und die ununterbrochene Beheizung der Nachbargebäude während der Renovierung sicherzustellen.  

Demontagephase im Wagner Theater Riga – Foto: Krista Saberova

Ein wesentlicher Schwerpunkt des Projekts liegt auf der Detailplanung und Innenarchitektur. Derzeit entsteht ein Modell des Theaters im Maßstab 1:30, das auf der dritten Etage ausgestellt wird und den Besuchern einen Einblick in die Feinheiten der Struktur ermöglichen soll. Dieses Modell wird mit Originalmaterialien wie Mosaikparkettböden, Holztüren, Fenstern, Paneelen, tapezierten Wänden, Möbeln und sogar Kronleuchtern ausgestattet sein. Besonders hervorzuheben ist ein detailgetreues Modell des Schiffs „Thetis“ aus Wagners Oper „Der fliegende Holländer“, das im gläsernen Innenhof über dem Publikum schweben wird.

Modell des Theater-Foyers mit der „Thetis“ – Foto: Signe Viška

Das Modell des Schiffs „Thetis“ ist eine Nachbildung des historischen Schiffs, auf dem Wagner, seine Frau Minna und ihr Hund Robber einst vor den lettischen Gläubigern geflohen sind. Es wird mit dramatischen Details präsentiert, einschließlich einer komplizierten Takelage und einem realistisch gestalteten sturmzerstörten Wrack mit zerrissenen Segeln, das die Geschichte des Fliegenden Holländers zum Leben erweckt.

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Richard Wagner und der Krieg der Sterne

Text: Hannelore Schmid

Jahresmitgliederversammlungen sind eher sachlich-nüchterne Veranstaltungen. Angesichts des miserablen Wetters am 6. Mai freute sich Vorsitzender Dirk Jenders umso mehr, dass er zu diesem Anlass vier Dutzend Mitglieder des RWV Frankfurt im Dr. Hoch’s Konservatorium begrüßen konnte. Sein Jahresbericht 2023 bot positive Informationen: ein attraktives Veranstaltungs- und Reiseprogramm, stetig steigende Mitgliederzahlen und – dank deren Spendenbereitschaft – großartige Möglichkeiten, junge Talente aus der Region mit Stipendien zu fördern; elf Bayreuth-Stipendien sind es derzeit, hinzu kommt ein Deutschlandstipendium. 

Die gesunde Finanzsituation erlaubt es zudem, dass der RWV Frankfurt im Januar 2024 eine Firmenpatron-Mitgliedschaft im Patronatsverein der Städtischen Bühnen eingegangen ist. Auf diese Weise soll die langjährige und sehr gute Kooperation mit der Oper Frankfurt hinsichtlich Nachwuchsförderung vertieft und Veranstaltungsformate mit thematischem Bezug zu Richard Wagner unterstützt werden. Dafür werden in 2024 und 2025 jeweils 5.000 Euro zur Verfügung gestellt.

Nach einer Pause mit Brezeln und Wein gehörte die Bühne Andreas Schüller, seit 2022 Generalmusikdirektor am Stadttheater Gießen. Er ist ebenso begeisterungsfähig für „Ausgrabungen“ wie der Frankfurter Opernintendant Bernd Loebe; ganz besonders interessiert ihn dabei der Einfluss Richard Wagners auf die Moderne. „Es fasziniert mich, wie Wagners Kompositionstechnik in der Musik des 20. Jahrhunderts immer wieder auftaucht.“ Eine von Schüllers „Ausgrabungen“ war die 3. Sinfonie von Florence Price (1887 – 1953) aus dem Jahr 1940. Der ersten afroamerikanischen Komponistin war der ganz große Erfolg verwehrt; 300 Kompositionen blieben unveröffentlicht und erst seit 2018 setzt bei US-Orchestern ein Revival ihrer sinfonischen Werke ein – und nun auch in Gießen. In ihrer 3. Sinfonie, die zu Beginn der aktuellen Konzertsaison erklang, sieht Schüller Anklänge an das Zwischenspiel im 1. Akt der Götterdämmerung: von Blechbläsern getragene langsame, leise Choralstimmen. Auch Brünnhildes Todverkündung findet er darin zitiert.

Andreas Schüller in Aktion – Foto: Dirk Jenders

Großen Einfluss auf Florence Price hatte zudem Antonín Dvořák. „Und Dvořák war in den letzten zehn Jahren seines Lebens totaler Wagnerianer – trotz seiner parallelen Freundschaft zu Johannes Brahms“, so Schüller. „Man denke nur an die Verklebung der Leitmotive in den letzten drei Minuten seiner Oper Rusalka.“

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Body Percussion, Romantik und ein Hauch von Wacken

Text: Hannelore Schmid

Am Anfang eines überaus bunten Konzerts der 10 diesjährigen Bayreuth-Stipendiaten im RWV Frankfurt stand ein Doppelwumms. Redjep Hajder, angehender Regisseur und E-Gitarrist, präsentierte seine lautstarke ode to a petrified disgrace of time. Unterstützt wurde er dabei von Gastmusiker Philemon Henze am E-Bass. Einen solchen provokanten Start à la Wacken hatte es in diesem Konzertformat der Frankfurter Wagner-Freunde bisher noch nicht gegeben und es sollte auch nicht der einzige Programmpunkt bleiben, der beim etwas anderen Fanclub eine etwas andere musikalische Ausdrucksweise erleben ließ.

Oben: Redjep Hajder, Yaiza Fenollar Baenas, Elisabeth Stoll (rechts) / Mitte: Ani Aghajanyan, Valentin Pfalzgraf, Eins Lee, Nadia Rihuete Turbay / Unten: Mufei Feng, Leonie Wiegel, Cláudia Ribas – Foto-Collage: Christoph Jenisch (unter Verwendung Portraitfoto C. Ribas © Barbara Aumüller) > zum Vergrößern bitte ins Bild klicken

Die Querflötistin Yaiza Fenollar Baenas überraschte nach dem erst kürzlich uraufgeführten Werk Mnemosyne (Prélude zu Der fünfte Fluss) für Flöte solo von Marlene A. Jacobs mit Tres Morillas. Das Traditional hat die Spanierin für Voice & Body Percussion arrangiert. Was man sich unter Body Percussion vorstellen muss? Der eigene Körper wird zum Schlagzeug. Die Künstlerin klatscht in die Hände, auf nackte Haut von Brust und Armen, schnalzt mit den Fingern und stampft mit den Füßen. Dazu singt sie das Lied ihrer Heimat auf betörende Weise. Wer zugesehen und zugehört hat, war von beiden Präsentationen beeindruckt.

Für eine weitere Premiere im Kleinen Saal des Dr. Hoch’s Konservatoriums sorgte Elisabeth Stoll. Erstmals erklang im Stipendiatenkonzert die dortige Orgel, auf der sie Clair de Lune aus der Suite Nr. 2 Pièces de Fantaisie von Louis Vierne spielte. Ihr folgte die jüngst ins Mezzosopranfach gewechselte Ani Aghajanyan. Die armenische Künstlerin konnte mit der Arie der Dalila Mon cœur s’ouvre à ta voix aus Samson et Dalila von Camille Saint-Saëns die ganze Bandbreite ihrer stimmlichen Möglichkeiten darbieten und vollkommen überzeugen. Begleitet wurde sie am Klavier von Maria Conti Gallenti. Die Sängerin sammelte bereits in Gießen erste Bühnenerfahrungen und singt aktuell im Tannhäuser-Extrachor der Oper.

Der Pianist Valentin Pfalzgraf hatte sich aus Beethovens Es-Dur-Sonate Les Adieux den ersten Satz Adagio – Allegro ausgesucht, den er präzise und spannungsreich vortrug. Später beeindruckte er als Klavierbegleiter von Cláudia Ribas. Die Mezzosopranistin ist Mitglied im Opernstudio der Oper Frankfurt und findet dort derzeit mit der Cornelia in Händels Giulio Cesare ein begeistertes Publikum. Im Mai und Juni wird die Portugiesin an selber Stelle auch in Elektra von Strauss und Mozarts Zauberflöte zu erleben sein. Im Stipendiatenkonzert demonstrierte sie mit der Erda-Szene aus Das Rheingold den von ihrer Bühnenpräsenz, Stimmfarbe und Diktion begeisterten Wagner-Fans, wohin sie sich entwickeln möchte.

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Wagner, das süße Gift

GMD Thomas Guggeis zu Gast im Jour Fixe des RWV Frankfurt 

Text: Hannelore Schmid

Thomas Guggeis – Fotos: Christoph Jenisch

Die Hände reden immer mit, wenn Thomas Guggeis erzählt. Aber auch ohne ausgeprägte Gestik würde der neue GMD des Frankfurter Opernhauses sein Publikum in Bann halten, wenn er von sich und über seine Arbeit erzählt. So wie am 20. März im Holzfoyer der Oper, wo Thomas Guggeis als Jour Fixe-Gast des RWV Frankfurt zugleich auch die Rolle des Hausherrn und Gastgebers auf sich vereint. Für die Frankfurter Richard Wagner-Freunde ist der Jour Fixe in diesem exklusiven Rahmen tatsächlich eine Premiere; das Format findet erstmals im Opernhaus am Willy-Brandt-Platz statt. Über 70 Mitglieder, aber auch aktuell geförderte Stipendiaten und Mitarbeiter der Städtischen Bühnen, haben sich zu der vom Vorsitzenden Dirk Jenders perfekt vorbereiteten und unterhaltsam moderierten Veranstaltung eingefunden.

Thomas Guggeis ist gerade aus Mailand zurückgekehrt, wo er die über fünfzig Jahre alte Giorgio Strehler-Inszenierung von Mozarts Entführung aus dem Serail dirigiert hat – ein totales Kontrastprogramm zu seiner aktuellen Arbeit. Nicht nur wegen der schwierigen Akustik der Scala, sondern auch, weil in Mailand ungerührt „historische“ Inszenierungen gezeigt werden, die schon wegen des darin praktizierten Blackfacings hierzulande niemand mehr aufzuführen wagte. Nach dreieinhalb Monaten Abwesenheit ist er, wie er sagt, sehr gerne nach Frankfurt zurückgekehrt. Wie denn auch nicht! „Dieses Haus hat das beste Sängerensemble der Welt, es kann die Salome komplett mit eigenen Kräften besetzen“, so Guggeis und fügt hinzu, dass er die Strauss-Oper an manch anderem großen Haus nicht annähernd in dieser Qualität gehört habe.

Die Salome war es auch, die seinen ungewöhnlich frühen Durchbruch als Dirigent einleitete. Im März 2018 rettete er als 24-jähriger die Premiere an der Lindenoper, nachdem Christoph von Dohnanyi wegen unüberbrückbarer Differenzen mit Regisseur Hans Neuenfels kurz vor der Generalprobe das Handtuch warf. Als damaliger Assistent von Daniel Barenboim war Guggeis mit der Aufführung vertraut. „Ich hatte noch vier Tage bis zur Premiere“, wehrt er übergroße Bewunderung ab. Publikum und Feuilleton jubelten nach seinem Dirigat.   

Mitglieder-Jour Fixe erstmals im Holzfoyer der Oper Frankfurt – Foto: Christoph Jenisch

Von seinem Lehrer Barenboim spricht er mit großer Hochachtung und Wärme. „Barenboim hat eine unfassbar schnelle Auffassungsgabe, er ist selbstironisch, heiter und von einer unglaublichen Herzlichkeit.“ Guggeis fasziniert das Multitalent, das bruchlos zwischen sieben Sprachen umschaltet, vor allem aber bewundert er den Menschen, der Musik, unterschiedliche Kulturen und scheinbar politische Gegensätze zusammenführen konnte. „Musik per se ist unpolitisch, Musik ist menschlich.“

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Wer ein Haus baut, will bleiben

Text: Hannelore Schmid, André Weißbach

Rund 30.000 Juden lebten vor 1933 in Frankfurt; 150 waren es zum Kriegsende. Frankfurt war zuvor die Stadt mit dem zweithöchsten jüdischen Bevölkerungsanteil in Deutschland gewesen. Die Entwicklung der bürgerlichen Stadtgesellschaft im 19. und frühen 20. Jahrhundert wurde hier stark von jüdischem Leben geprägt. Ob es um das Opernhaus, um Wirtschaftsunternehmen, Banken, Zeitungen, Wohlfahrtseinrichtungen, Krankenhäuser und vieles anderes ging: Überall spielten jüdische Unternehmer, Künstler und Intellektuelle eine herausragende Rolle. Eindrucksvoll erfahrbar wird das im Jüdischen Museum Frankfurt. 45 Mitglieder folgten jetzt der Einladung des RWV Frankfurt zum Besuch dieses Hauses mit Führungen zu den Highlights der Sammlung.

Zwei in Aluminium gegossene Bäume von Ariel Schlesinger vor dem Museum – Foto: Dirk Jenders

Das Jüdische Museum wurde bereits 1988 im prächtigen Rothschild-Palais am Mainkai eröffnet. Nach einer Umgestaltung mit einem spektakulären Erweiterungsbau, fertiggestellt 2020, zählt es nun „zu den tollsten Museen in einer an Museen reichen Stadt“, wie sich eine unserer Guides begeisterte. Eine Aluminiumskulptur von Ariel Schlesinger empfängt die Besucher vor dem Eingangsbereich, zwei kopfüber in den Kronen verschränkte Bäume. Der untere scheint über dem Boden zu schweben, die Wurzeln des oberen weisen in den Himmel. Sie können als Metapher auf die Geschichte der Frankfurter Juden gelesen werden: Verbundenheit und Entwurzelung.

Das Museum zeigt 200 von insgesamt 700 Jahren jüdischer Geschichte in Frankfurt. In dem stark gesicherten Bau – er steht wie alle jüdischen Einrichtungen unter ständigem Polizeischutz – beginnen die Führungen im obersten Stockwerk. In einer Videoinstallation berichten deutsche Juden über ihren Alltag heute. An zahlreichen Objekten erfährt man, wie sich das Leben jüdischer Bürger seit der Aufhebung des Ghettos Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelte.

Historische Objekte und Kunstwerke werden ergänzt durch Medieninszenierungen, Hörbeispiele, Slide Shows, Filme und Fotografien mit zahlreichen Aufforderungen zur Interaktion. Drei Räume sind der bildenden Kunst gewidmet, mit beeindruckenden Gemälden Moritz Daniel Oppenheims. Als erster akademisch gebildeter jüdischer Maler integrierte er jüdische Themen in die Kunst; er wurde auch zum Hauptmaler der Familie Rothschild.

Moses mit den Gesetzestafeln von Moritz Daniel Oppenheim – Foto: Dirk Jenders

Das zweite Obergeschoss macht mit dem Wandel jüdischer Traditionen in der Moderne vertraut. „Judentum ist keine Religion, sondern eine Art zu leben“, erklärt unsere Guide. „Und jüdisches Leben ist Gegenwart, kein Museum.“ Die vielfältigen Ausprägungen zwischen strenger Orthodoxie und liberalem Judentum zeigt eine interaktive Videoinstallation mit fünf Rabbinern, in der sie ihre durchaus unterschiedlichen Auffassungen zu Glaubens- und Lebensformen erläutern. Sakralobjekte und -Gewänder, wertvolle Thorarollen und Ritualgegenstände machen die Sinnlichkeit der jüdischen Zeremonialkultur erlebbar.

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aufstehen – rausgehen – Präsenz zeigen

Text: Dirk Jenders

Gemeinsam mit zahlreichen Frankfurter Institutionen, Theatern, Sportvereinen, Verbänden, Unternehmen, Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen, Gewerkschaften sowie Parteien setzte auch der Richard-Wagner-Verband Frankfurt ein kraftvolles Zeichen für eine liberale, gerechte, offene und soziale Gesellschaft und rief zur Teilnahme an der großen Kundgebung am Montag, 5. Februar, auf dem Römerberg auf.

20.000 Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt nahmen teil und standen für die Demokratie ein. Vielen Dank für das Engagement gegen jede Form von Hass und Ausgrenzung.

Stehen Sie auch künftig auf, gehen Sie raus und zeigen Präsenz für die Demokratie.